
Menschen, die heiraten, schließen einen Vertrag. Typisch für Verträge ist, dass sie beide (Vertrags)parteien binden. Das ist auch bei der Ehe nicht anders. Wenn sich einer entliebt und den Vertrag auflösen möchte, kann er oder sie im besten Fall den anderen Part für die Idee einer Scheidung begeistern. Oft ist aber eine Scheidung nicht für beide gleich attraktiv. Immer wieder erlebt man in der anwaltlichen Praxis, dass scheidungswillige Personen aus allen Wolken fallen, wenn man ihnen sagen muss, dass der einseitige Wunsch nach einer Scheidung, einfach weil man den anderen nicht mehr liebt, zu wenig ist.
Wenn man sich einigen kann- die einvernehmliche Scheidung
Im besten Fall gelingt es, dass man sich mit der Partnerin oder dem Partner einigt. Statistisch gesehen passieren die meisten Scheidungen in Österreich einvernehmlich. Es klingt aber einfacher als es ist. Was in der Statistik nämlich nicht aufscheint, ist, dass viele Scheidungen sehr wohl „strittig“ also mittels Scheidungsklage starten und erst nach langen gerichtlichen Auseinandersetzungen doch „einvernehmlich“ enden. Für eine einvernehmliche Scheidung braucht es, neben der grundsätzlichen Zustimmung zur Scheidung, eine Einigung über die wesentlichen Scheidungsfolgen. Das bedeutet, man muss sich einigen, wie das eheliche Vermögen geteilt werden soll und ob einer von den zwei Ehepartnern nach der Scheidung Unterhalt bekommen soll (Ehegattenunterhalt ist nicht gleich Kindesunterhalt). Außerdem braucht es (wenn man minderjährige Kinder hat) eine Einigung über Obsorge, Kontaktrecht und Kindesunterhalt. Zusätzlich dazu muss man seit sechs Monaten getrennt sein und die Ehe muss „unheilbar zerrüttet“ sein. Achtung: Das hat nichts mit getrennten Wohnsitzen zu tun. Ein Auszug aus der Ehewohnung kann eine schwere Eheverfehlung darstellen und ist nicht zu empfehlen. Bei minderjährigen Kindern muss außerdem der Besuch einer Elternberatung nachgewiesen werden. Hat man es geschafft, mit der anderen Person eine Einigung über all diese Punkte zu finden, ist der Weg für eine einvernehmliche Scheidung frei. Es gilt dann, einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung beim Wohnortbezirksgericht der Eheleute zu stellen. Das Gericht beraumt einen Termin an, zu dem beide persönlich erscheinen müssen und kann schließlich mittels Beschlusses die Ehe auflösen.
Scheidungsklage als Weg heraus?
Wenn man sich mit dem oder der Ehepartnerin nicht einigen kann, also eine einvernehmliche Scheidung wegfällt, stellt sich manchmal die Frage: Wie komme ich jetzt raus? Hat die vermeintlich besseren Hälfte einen vielleicht betrogen, Gewalt angewendet oder Psychoterror ausgeübt, so ist das zwar auf persönlicher Ebene tragisch, immerhin steht einem dann aber die Möglichkeit einer Scheidungsklage offen. In Österreich gilt das Verschuldensprinzip. Hat ein Eheteil eine schwere Eheverfehlung gesetzt, die zum Scheitern der Ehe geführt hat, kann auf Scheidung geklagt werden. Eine Scheidungsklage ist also eine „einseitige“ Möglichkeit ein Scheidungsverfahren anzustoßen. Man braucht anders als bei der einvernehmlichen Scheidung nicht die Mitwirkung des Ehepartners. Die Voraussetzung ist dafür ein grobes Fehlverhalten des anderen. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass einer schuld ist am Scheitern der Ehe kann das Auswirkungen auf den nachehelichen Ehegattenunterhalt haben. Wie überall gilt auch im Familienrecht der Grundsatz, dass die Person, die vor Gericht etwas behauptet, es auch beweisen muss. Ein Scheidungsverfahren ist oft für Betroffene unangenehm, weil normalerweise niemand Lust hat, intime Details über das Scheitern der eigenen Liebesbeziehung vor Gericht auszubreiten. Allerdings bedeutet der Start eines Scheidungsverfahrens mittels Scheidungsklage auch nicht zwingend einen jahrelangen emotional und finanziell aufreibenden Rosenkrieg. Man kann vom strittigen Scheidungsverfahren nämlich dennoch noch auf eine einvernehmliche Scheidung umschwenken und gelingt das auch oft. Aber für eine Einigung braucht es Bereitschaft auf beiden Seiten. Man kann sich schließlich nicht allein einigen und eine Einigung gelingt leider nicht immer.
Klage wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft
Herausfordernd kann es sein, wenn der Scheidungswunsch auf einer Seite besteht, eine Einigung nicht in Sicht ist und man dem Partner, der sich nicht scheiden lassen will, nichts vorwerfen kann. Einfach keine Lust mehr zu haben, reicht nicht für die Scheidung. Hier braucht man vor allem eines: Geduld, und zwar drei Jahre lang. Auch wenn die Ehe ein Vertrag ist, soll es nämlich nach mindestens dreijähriger häuslicher Trennung und beendeter Beziehung möglich sein, sich scheiden zu lassen. Im besten Fall trennt man sich übrigens im Einvernehmen räumlich, weil es die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen gibt. In absoluten Ausnahmefällen kann die Ehe noch drei weitere Jahre aufrechterhalten werden (Härteklausel). Nach sechs Jahren der räumlichen Trennung ist die Ehe aber jedenfalls zu scheiden. Auch hier können unterhaltsrechtliche Konsequenzen folgen.
Es gibt neben den oben beschriebenen Möglichkeiten für die Auflösung einer Ehe auch noch andere Optionen. Es lohnt sich jedenfalls alle Umstände miteinzubeziehen. Eine einvernehmliche Lösung ist sicher grundsätzlich zu empfehlen. Es muss aber nicht um jeden Preis eine Einigung her. Verschenkungsaktionen sollte man, nicht nur für die eigene Psychohygiene, im Rahmen einer Scheidung, wenn überhaupt aus einer Position der Stärke heraus vornehmen. Nicht weil man unter Druck gesetzt wird. Eine Scheidungsklage muss auch nicht immer der richtige Weg sein. Gerade bei einer lang dauernden Ehe mit unterschiedlichen Einkommen kann es als schuldlose, verlassene Person, vielleicht (auch unterhalts- und sozialversicherungsrechtlich) besser sein, abzuwarten, bis der oder die Partnerin gerichtlich aktiv wird. Oft ist man länger geschieden als man verheiratet war und im Gegensatz zur Ehe ist die Scheidung im Normalfall wirklich endgültig.
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