Die Wahl der Schule oder des Kindergartens wird von vielen Eltern als richtungsweisend für die positive Entwicklung ihres Kindes oder gar den späteren Erfolg im Leben wahrgenommen. Abgesehen vom strukturellen Problem, dass in Österreich nach wie vor ein Mangel an Kinderbetreuungsplätzen herrscht, gibt es schon bei Kindergärten aber vor allem bei Schulen sehr unterschiedliche Ausrichtungen. Die Qual der Wahl reicht von öffentlicher Schule, katholischer Privatschule über Waldorf, Freilandschule bis Heimunterricht mit Externisten Prüfungen. Wie hängen die Obsorge und die Schulwahl jedoch rechtlich zusammen?
Gerade bei so elementaren Entscheidungen wie der Schulwahl für das gemeinsame Kind kann es zu Situationen kommen, dass ein Elternteil mit der gleichen Leidenschaft vom pädagogischen Konzept einer Schule überzeugt ist, wie es der andere Elternteil ablehnt. Wer kann dann entscheiden, welche Schule das Kind besuchen soll?
Situation bei alleiniger Obsorge
Entscheidend ist, wer die Obsorge für das Kind innehat. Diese beinhaltet nämlich auch die Kompetenz, in Ausbildungsfragen zu entscheiden. Ist nur ein Elternteil obsorgeberechtigt, kann dieser grundsätzlich allein über die zu besuchende Schule/Kindergarten entscheiden. Der andere Elternteil hat aber ein Informations- und Äußerungsrecht.
Situation bei gemeinsamer Obsorge
Sind beide Eltern obsorgeberechtigt, kann jeder Elternteil das Kind nach außen hin allein vertreten. Das heißt, jeder Elternteil könnte das Kind allein auch gegen den Willen des anderen in einer Schule anmelden oder auch wieder abmelden. Dafür muss nicht die Zustimmung des anderen Elternteils nachgewiesen werden. Das kommt auch immer wieder vor. Jeder Elternteil ist somit nach außen voll vertretungsbefugt. Nur besonders wichtige Themen – wie beispielsweise Namensänderung, Wechsel des Religionsbekenntnisses oder der Staatsangehörigkeit bedürfen der Zustimmung beider Elternteile. Kommt es aber dann dazu, dass ein Elternteil das Kind in Schule 1 anmeldet, der andere Elternteil das Kind wiederum abmeldet und in Schule 2 anmeldet usw. ist das natürlich nicht sinnvoll.
Im Innenverhältnis, also zwischen den Eltern gilt es, das Einvernehmlichkeitsgebot zu beachten. Das bedeutet, dass die Eltern versuchen sollten, in wichtigen Fragen die Kinder betreffend, eine Einigung zu finden und sich abzusprechen. Die Schulwahl des Kindes ist eine solche wichtige Angelegenheit. Meldet man ein Kind also einfach gegen den Willen des anderen Elternteils in einer Schule an oder ab, kann dies im besten Fall zu Verstimmungen und im schlechtesten Fall zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen. Können sich die Eltern nicht auf eine Vorgehensweise betreffend ihre Kinder einigen, könnte das Gericht auch im Vorfeld angerufen werden, um eine Entscheidung über die Schulwahl zu treffen.
Wie entscheiden Gerichte in Fällen betreffend die Obsorge und die Schulwahl?
Muss ein Gericht über die Frage entscheiden, welche Schule ein Kind besuchen soll, steht das Kindeswohl an oberster Stelle. Oft bedeutet eine derartige Situation für alle Betroffenen großen Stress. In der Praxis bedienen sich Gerichte der Expertise von Sachverständigen, die feststellen sollen, welche Schule dem Kind am ehesten entspricht. Faktoren können einerseits die Anlagen, Fähigkeiten und Neigungen des Kindes und auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern sein. Solche Verfahren kosten nicht nur Zeit und Geld sondern auch Nerven. Eine Alternative könnte eine gemeinsame Elternberatung darstellen.
Wenn ein Elternteil allerdings nur um den anderen Elternteil zu torpedieren beispielsweise das Kind destruktiv (immer wieder) in einer Schule abmeldet und dies dem Wohl des Kindes abträglich ist, kann es sogar dazu führen, dass jenem Elternteil die (Teil-) Obsorge für diesen Bereich entzogen wird und dem anderen Elternteil die Entscheidungskompetenz für diesen zukünftig allein zukommt. Generell ist es auch möglich, bei einer Einigung auf die gemeinsame Obsorge bestimmte Bereiche, so auch den schulischen Bereich auszuklammern, wenn solche Situationen befürchtet werden.
Dieser Beitrag wurde erstmals am 26. April 2022 bei „Der Standard“ veröffentlicht.