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Obsorge: allein oder gemeinsam?

Was gemeinsame Verantwortung für ein Kind bedeutet

Teilweise wird angenommen, dass die Obsorge bzw. die Beteiligung daran auch dafür entscheidend ist, ob oder wie oft Eltern ihre Kinder zum Beispiel nach einer Trennung sehen dürfen. Das ist aber nicht richtig. Das sogenannte Kontaktrecht, früher auch Besuchsrecht genannt, ist von der Obsorge getrennt zu betrachten. Wenn alles gut läuft und sich Eltern über die wesentlichen Dinge im Leben ihrer Kinder austauschen können, sind solche Fragen im Alltag meist gar nicht spürbar. Können sich Eltern nicht einvernehmlich einigen, kann es aber sogar sein, dass man mit einem „Sorgerechtsstreits“ vor Gericht landet. Solche Verfahren sind oft eine enorme Belastung und Betroffene berichten, dass die Sorge um das Kind teilweise der letzte Gedanke ist vor dem Einschlafen und der erste beim Aufwachen.

Was aber meint der Begriff Obsorge eigentlich?

Vereinfacht ausgedrückt, meint der Begriff  die elterlichen Pflichten gegenüber den Kindern. Sie umfasst einerseits die Pflege und Erziehung des Kindes, aber auch die gesetzliche Vertretung und die Vermögensverwaltung. Sind die Eltern verheiratet, kommt die Obsorge automatisch beiden Elternteilen zu. Ist die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ledig, ist sie grundsätzlich allein obsorgeberechtigt. Die Eltern können aber einvernehmlich die gemeinsame Obsorge am Standesamt oder auch am Gericht festlegen.

Alleinige Obsorge

Wenn nur ein Elternteil, bei unverheirateten Eltern die Mutter, obsorgeberechtigt ist, hat der andere, Elternteil dennoch bestimmte Rechte. Unabhängig davon, sollen verlässliche und regelmäßige Kontakte zum Kind stattfinden können. In den meisten Fällen ist auch für das Kind ein guter Kontakt zu beiden Eltern wichtig. Der Elternteil, der die alleinige Obsorge hat, muss den anderen über wichtige Angelegenheiten im Leben des Kindes informieren. Außerdem muss er dem anderen die Möglichkeit zur Äußerung geben. Entscheidungen können aber trotzdem vom allein obsorgeberechtigten Elternteil getroffen werden, auch gegen den Willen des anderen.

Gemeinsame Obsorge

Gibt es keine Einigung zwischen unverheirateten Eltern, kann der Vater beim zuständigen Bezirksgericht einen Antrag auf (gemeinsame) Obsorge stellen. Seit 2013 wird dies forciert und das Gericht kann den Vater auch gegen den Willen der Mutter an der Obsorge beteiligen. Wenn es allerdings gänzlich an der Kommunikation zwischen den Eltern fehlt und beispielsweise ein Informationsaustausch unmöglich ist, kann das gegen eine gemeinsame Obsorge sprechen. Dabei wird auch eine gewisse Zukunftsprognose vorgenommen. Zum Beispiel kann es sein, dass Eltern gerade nach einer Trennung nicht gut miteinander kommunizieren können, aber zu erwarten ist, dass sich nach einer Entspannung der Situation auch die Gesprächsbasis wieder verbessert. Faktoren wie beispielsweise Gewalt in der Familie, werden von Gerichten bei Entscheidungen berücksichtigt. Generell orientiert sich das Gericht bei Entscheidungen über die Obsorge stets daran, was für das Kind am besten wäre.

Manchmal wird befürchtet, bei gemeinsamer Obsorge allein gar nicht mehr handlungsfähig zu sein oder im Alltag mit den Kindern stark eingeschränkt zu sein. Es gibt bei gemeinsamer Obsorge zwar das Einvernehmlichkeitsgebot, das bedeutet, dass sich die Eltern bei wichtigen Angelegenheiten im Leben der Kinder grundsätzlich absprechen sollten. Dennoch kann aber jeder Elternteil das Kind nach außen allein vertreten. Möchte man beispielsweise das Kind in einer Schule anmelden oder möchte man mit dem Kind zum Arzt, zur Ärztin gehen, muss man dort auch bei gemeinsamer Obsorge nicht die Zustimmung des anderen Elternteils nachweisen. Jeder Elternteil ist somit nach außen voll vertretungsbefugt. Nur besonders wichtige Themen – wie beispielsweise Namensänderung, Wechsel des Religionsbekenntnisses oder der Staatsangehörigkeit bedürfen der Zustimmung beider Elternteile.

Wie sieht es nach einer Scheidung oder Trennung aus?

Waren Eltern schon vor der Trennung gemeinsam obsorgeberechtigt, weil sie dies entweder so festgelegt haben oder sie verheiratet waren, soll die Obsorge beider Elternteile auch nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft weiterbestehen. Allerdings müssen die Eltern dann ein sogenanntes „Heim erster Ordnung“ festlegen. Die Eltern müssen daher ab dem Zeitpunkt ihrer (räumlichen) Trennung festlegen, in welchem Haushalt das Kind in Zukunft hauptsächlich betreut werden soll. In den meisten Fällen, wird auch bei gemeinsamer Obsorge der Hauptaufenthalt der Kinder bei der Mutter festgelegt.

Resumee
Im Sinne einer Elternschaft auf Augenhöhe kann es von Vorteil sein, wenn beide Eltern an der Verantwortung für ein Kind beteiligt sind. Auch wenn die Obsorge und die Beteiligung daran im Alltag vielleicht nicht oft spürbar sind, ist es stimmungsmäßig ein Unterschied, ob man obsorgeberechtigt ist oder nicht. Gemeinsame elterliche Verantwortung klingt also in einem ersten Schritt gut.

Rechte und Pflichten gehen allerdings Hand in Hand und eine Beteiligung an der Obsorge sollte auch in einer Übernahme von tatsächlicher Verantwortung sowie Betreuungs- und Sorgeleistung resultieren. Wenn die Kommunikationsbasis schwerwiegend und nachhaltig zerstört ist und ein Elternteil den anderen aus Prinzip torpediert, wo es nur geht, kann die gemeinsame Obsorge zum Problem werden.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Woman.

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